Aktuelle Rechtsinformationen wko

Anlagenbuch

Seit 1.1.2003 ist´s Stand der Technik, das Anlagenbuch. Von vielen ersehnt,
von manchen verdammt. Sei´s drum. Die Fachwelt hat es nun. Was können die
Elektrotechniker damit anfangen? Wer muss ab wann damit arbeiten? Viele
Fragen sind dazu noch offen. Es folgt ein Ansatz zur Aufklärung.

ÖVE/ÖNORM E 8001-6-61 als neue, mittels Elektrotechnikverordnung 2002
verbindlich erklärte Prüfnorm definiert in Abschnitt „1 Anwendungsbereich“:

„1 Anwendungsbereich
Diese ÖVE/ÖNORM gilt für die Erstprüfung von elektrischen Anlagen, die gemäß ÖVEEN 1 Reihe bzw. ÖVE/ÖNORM E 8001 Reihe errichtet bzw. wesentlich erweitert oder wesentlich geändert werden.“

Alle Anlage, die nach ÖVE-EN 1 bzw. ÖVE/ÖNORM E 8001 errichtet oder
wesentlich geändert oder erweitert werden, sind einer Erstprüfung im Sinne von
ÖVE/ÖNORM E 8001-6-61 zu unterziehen. Zum besseren Verständnis muss
ergänzt werden, dass diese neue Prüfnorm durch die Elektrotechnikverordnung
2002 vom 13. Juni 2002 verbindlich erklärt wurde. Die Gültigkeit jeweils neuer
Elektrotechnikverordnungen beginnt mit dem Folgetag der Veröffentlichung.
Damit, also mit dem 14. Juni 2002 beginnt die Gültigkeit der im Anhand der
jeweiligen Elektrotechnikverordnung aufgelisteten SNT-Bestimmungen
(Bestimmungen zur Sicherheit, Normung und Typisierung) unter Beachtung der
jeweils definierten Übergangsfristen. Für die Bestimmungen der Reihe
ÖVE/ÖNORM E 8001 und ÖVE-EN 1 wurde in der Elektrotechnikverordnung
2002 eine Übergangsfrist von 12 Monaten festgelegt. Unter genauer
Betrachtung dieser gesetzlichen Regelungen mit Inkraftsetzungterminen und
Übergangsfristen bedeutet das, jede neu errichtete oder wesentlich geänderte
oder erweiterte Anlage zwingend ab 14. Juni 2003 nach den Vorgaben von
ÖVE/ÖNORM E 8001-6-61 einer Erstprüfung unterzogen werden muss. Diese
Prüfverpflichtung gilt für jede Anlage entsprechend ÖVE/ÖNORM E 8001-1 und
ÖVE-EN 1, die ab dem 14. Juni 2003 fertiggestellt wird.

Nun ist eindeutig geklärt, dass zwingend geprüft werden muss. Weiters ist
damit erklärt, ab welchem Termin nach der neuen Erstprüfungs-Bestimmung
geprüft werden muss. Eine Frage rund um die Erstprüfung ist allerdings noch
offen. Wie sieht´s mit der Dokumentation aus.

An dieser Stelle muss wieder der Originaltext der Prüfbestimmung herhalten.
Abschnitt 4.1 von ÖVE/ÖNORM E 8001-6-61 legt für neue Anlagen fest, dass

„ 4.1 Jede elektrische Anlage muss je nach Zweckmäßigkeit während der Errichtung und/oder bei Fertigstellung bevor sie in bestimmungsgemäßen Betrieb genommen wird, geprüft werden. Sie muss vor Inbetriebnahme geprüft werden, um nachzuweisen, dass die Anforderungen der jeweils zutreffenden technischen Bestimmungen erfüllt sind.“

Abschnitt 4.4 von ÖVE/ÖNORM E 8001-6-61 legt für Anlagen, die einer
wesentlichen Änderung oder Erweiterung unterzogen werden fest, dass

„4.4 Im Falle einer Erweiterung oder Änderung einer bestehenden Anlage muss
geprüft werden, ob die Erweiterung oder Änderung der Reihe ÖVE-EN 1 bzw.
ÖVE/ÖNORM E 8001 entspricht und die Sicherheit der bestehenden Anlage nicht
beeinträchtigt wird.“


Und nun erfolgt die Beantwortung der Frage, wie die Dokumentation zu
erfolgen hat. Vorerst soll nur noch gezeit werden, dass es unumgänglich ist die
Erstprüfung einer elektrischen Anlage zu dokumentieren. Abschnitt 4.6 von
ÖVE/ÖNORM E 8001-6-61 legt fest, dass

„4.6 Über die abgeschlossenen Prüfungen gemäß 4.1 und 4.4 muss ein Bericht erstellt werden, der die erforderlichen Prüfergebnisse enthalten muss.“

Um letztendlich die Frage nach dem „Wie“ der Prüfdokumentation (wie sie vom
Umfang bereits im Heft 1+2/2003 von PunktUM beschrieben wurde) zu
beantworten, ist es notwendig wieder zum Abschnitt „1 Anwendungsbereich“
der Bestimmung ÖVE/ÖNORM E 8001-6-61 zurückzukehren. In Anmerkung 2
zu Abschnitt 1 von ÖVE/ÖNORM E 8001-6-61 ist zu lesen, dass

„ANMERKUNG 2:
Anleitungen für die Anlagen- und Prüfdokumentation sind in ÖVE/ÖNORM E 8001-6- 63 (in Vorbereitung) enthalten.“


Anmerkung 2 zu Abschnitt 1 von ÖVE/ÖNORM E 8001-6-61 holt damit die
Bestimmung ÖVE/ÖNORM E 8001-6-63, die das Anlagenbuch beschreibt in die
verbindlich Erstprüfungsnorm.

Um die Tragweite dieser Anmerkung zu erkennen, ist der Abschnitt 2 von
ÖVE/ÖNORM E 8001-6-61 mit normativen Verweisungen zu beachten, der
festlegt:

„2 Normative Verweisungen
Die folgenden normativen Dokumente enthalten Festlegungen, die durch Verweisung in diesem Text Bestandteil dieser ÖVE/ÖNORM sind. Datierte Verweisungen erfassen spätere Änderungen oder Überarbeitungen nicht. Vertragspartner, die diese ÖVE/ÖNORM anwenden, werden jedoch aufgefordert, die Möglichkeit zu prüfen, die jeweils neuesten Ausgaben der nachfolgend angegebenen normativen Dokumente anzuwenden. Bei undatierten Verweisungen ist die letzte Ausgabe des in bezug genommenen normativen Dokumentes anzuwenden. Rechtsvorschriften sind immer in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.“


ÖVE/ÖNORM E 8001-6-63 Errichtung von elektrischen Anlagen mit Nennspannungen
bis ≈1000 V und =1500 V – Teil 6-63: Prüfungen – Anlagenbuch und Prüfbefund (in
Vorbereitung)


Der Abschnitt „2 Normative Verweisung“ listet Bestimmungen auf, die durch die
Auflistung inhaltlich zum Bestandteil von ÖVE/ÖNORM E 8001-6-61 (Die
folgenden normativen Dokumente enthalten Festlegungen, die durch
Verweisung in diesem Text Bestandteil dieser ÖVE/ÖNORM sind) werden.
Damit sind die Inhalte der genannten Bestimmung ÖVE/ÖNORM E 8001-6-63
genauso normativer Inhalt der Prüfbestimmung wie die Vorgaben der
Erstprüfung.

Für die Erstprüfung gemäß ÖVE/ÖNORME 8001-6-61 bedeutet die
Einbeziehung der Dokumentationsnorm, dass der Bericht über die ausgeführte
Prüfung analog ÖVE/ÖNORM E 8001-6-63 sein muss. Das Anlagenbuch ist
demnach für neue elektrische Anlagen und wesentlich geänderte oder
erweiterte Anlagen (zumindest im Ausmaß der Änderung oder Erweiterung) die
ab dem 14. Juni 2003 fertiggestellt werden verpflichtend auszuführen.

Für bestehende Anlagen, die einer ausserordentlichen oder wiederkehrenden
Prüfung unterzogen werden, ist das Anlagenbuch noch nicht verbindlich
geregelt (noch nicht in Elektrotechnikverordnung verbindlich erklärt) jedoch
durch die Veröffentlichung der Bestimmung (Erscheinungsdatum 1.1.2003)
derzeit Stand der Technik. Jedoch ist in absehbarer Zeit (spätestens mit dem
Erscheinen der nächsten Elektrotechnikverordnung) damit zu rechnen, dass
diese Bestimmung als gültige, ausführungspflichtige Norm erklärt wird.

Quellennachweis: DIPL.-ING. MICHAEL HIRSCH * Allgemein beeideter und
gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Elektrotechnik
S c h m u t z e r g a s s e 3 / 5 / 5 5 * A - 1 1 5 0 W i e n * Ö s t e r r e i c h